Dienstag, 19. Juni 2012

Ausgetauscht

Lass' es bleiben,
all dein Schweigen
stört mich nicht mehr,
sei nicht blind!
Willst mich reiben,
dich nicht zeigen,
deine Nachtmär,
sie zerrinnt.

Glaubst du ehrlich,
unentbehrlich
sei dein Dasein,
sei's für mich?
Bist tatsächlich
ungefährlich,
denn seit gestern
meid ich dich.

Magst wohl meinen,
ohne deinen 
Nachtgruß wär mein
Leben fad.
Mag so scheinen,
darfst du meinen,
doch ich hab dein
Spielen satt.

Tausend Fragen,
tausend Plagen
brachtest du mir
"lächelnd" ein.
Mein Verzagen,
mein Versagen,
labten dich, in
deinem Schein.

Niemals wieder
sing ich Lieder,
Lieder dir, im
Liebesrausch.
Ganz darnieder
bleib ich bieder,
denn du hast mich
 ausgetauscht.

Montag, 18. Juni 2012

Die Wut über den stichelnden Giftzwerg

Bin ich wütend, brodelnd, schäumend,
meide mich, vergrämter Freund!
Mag wohl sein, ich scheine träumend,
doch ich bin viel rumgestreunt.

Hinterhöfe warn mein Leben,
Gossenlicht hat mich berührt.
Sieh mich durch die Nächte schweben,
schau wie dich mein Blick berührt.

Habe Blut und Schmerz gesehen,
hab’ geschrien und getobt.
Mancher wird das nie verstehen -
Doch ich schon - bin kampferprobt!

Ich will dich in Ruhe lassen,
wenn du mich nur still verschweigst.
Doch ich krieg dich schnell zu fassen,
wenn du weiter Spielchen treibst.

Bin kein unerfahr’ner Trottel,
der nur süße Liedchen singt.
Wenn du anspielst, meuchelst, metzelst,
zeig ich dir, wie viel das bringt.

Suchst in mir den falschen Gegner,
triffst du mich, dann treff’ ich dich.
Schade, wenn es in dir regnet,
doch, was regnet, bin nicht ich.

Willst du meinen Ruf zerstören,
brülle ich dir hiermit zu:
„Wirst bald manches Schlachtlied hören,
mit dem Schmerz auf Du und Du!“

Gefangen


Ich habe mich im Netz einer Spinne verfangen,
es schimmerte so lieblich noch im Morgenlicht.
Dann spürte ich: Das Glitzern klebt und lässt mich bangen,
jetzt blicke ich zur Spinne, das behagt mir nicht.

Von Weitem schien sie schön, doch von Nahem bringt sie Schrecken,
mein Leben ist ein düsteres Szenario.
Sie wickelt mich in Seide, sie grinst, die Zähne blecken,
sie weidet sich am Blute, frisst mich warm und roh.

Mit jedem Tag der anbricht, wird mein Gefängnis dunkler,
ich wehre mich zwar tapfer, doch die Hilfe fehlt.
Die Lebenssäfte tropfen, die Schreie werden leiser,
bin trostlos, doch ich hab' mich lang genug gequält.

So lass ich mich denn fallen, spür' Gift in meinen Adern,
betäubt es mich, vermeide ich den tiefsten Schmerz.
Mein Schicksal ist besiegelt, was hilft mir alles Hadern?
Nur langsam pocht der Pulsschlag im gebrochnen Herz.

Bin kraftlos und auch müde, erkenne im Entschlafen,
den Schatten einer Wespe, die zum Netze strebt,
ich seh in ihren Kiefern die hoffnungsvollsten Waffen,
sie beißt mich frei und freut sich: Ihre Beute lebt!   

Sonntag, 17. Juni 2012

Lyrische Grenzen


Gerade habe ich ein Scheißgedicht gelesen.
Irgendwo im Internet hat es sich verfangen,
da, wo niemand ankern sollte. Nur Worte
standen da, Worte ohne Sinn und Zweck.
Scheinbar ist das Kunst. Aber mich ödet 
solche Kunst an. Sie erinnert mich 
an die Fieberträume von Schizophrenen. 
Sinnlosigkeit macht nur Sinn, 
wenn sie Kreativität entfacht.
Scheininnovationen sind dagegen 
lästig und mühsam. Wenn es möglich 
gewesen wäre, hätte ich den Bildschirm 
zerknüllt und in den Papierkorb geschmissen.
Aber das geht ja leider nicht -
So stehe ich hilflos da, mit der Erkenntnis,
dass manche Gedichte ebenso leer sind
wie die Worthülsen von Politikern -
Leer, weil keiner mehr Lust hat, das zu 
sagen, was er wirklich denkt; leer, 
weil die nihilistische Leere des Fernsehens
nun auch in die Lyrik ausstrahlt; leer, weil
sich die Dummheit aus dekadenten 
Gedanken speist. 
Gerade habe ich ein Scheißgedicht gelesen.
Der Dichter wähnt sich bedeutsam in
seiner Bedeutungslosigkeit. Es sei ihm gegönnt -
denn schließlich wollte er sich nur 
ein Denkmal setzen ...

viruskrank

leute, das glaubt ihr mir nicht, ohne scheiß!
ich hab mich angesteckt, mann, fett angesteckt -
und jetzt trage ich die gosse mit mir rum.
wisst ihr, wie sich das anfühlt? wenn das so kribbelt
auf der festplatte? wenn du immer das gefühl hast,
zu viele downloads martern dein hirn? mann, echt,
ich komm' mir vor wie ein klingelton im dauerstress,
wie eine dailysoap in endlosschleife, wie ein explodierter
nokiaakku!! das fängt morgens an, wenn ich aus dem
bett steige und mich im badezimmerspiegel anglotze. 
kürzlich tanzten da grüne männchen über meine pupillen.
die waren mit presslufthämmern bewaffnet und meißelten 
mir die iris weg. sah lustig aus, wie die da so werkelten. 
sie grinsten mich an und winkten mir zu, sowie ich näher 
ans licht trat. einer rief: "bald kommt dein hirn dran,
 junge, wart's nur ab!" ohne scheiß, das hat der echt 
gerufen! und es fühlt sich verdammt nochmal so an,
als seien die typen da zwischenzeitlich angekommen.
ich kann kaum noch denken, bin manchmal
sogar schon in ohnmacht gefallen, wenn die sich
an mir vergingen. glaube ich jedenfalls... 
denn gesehen hat's natürlich niemand. wie auch?
ich brauch ja niemanden, kann mir ja alles bestellen,
was mir in den sinn kommt. so wie man das eben
heutzutage macht. mein arzt glaubt mir auch nicht! 
er fragte mich, ob ich drogen nehme, der ignorant. 
ich und drogen! wozu brauche ich drogen? 
mann, dem fehlt echt die weitsicht. wenn leute
wie der wüssten, was da draußen vorgeht. wie sie uns
umprogrammieren, gefügig machen, zähmen.
ich könnte dem geschichten erzählen, schließlich
komme ich aus der branche. und es war doch
völlig klar, das leute wie ich irgendwann mal einen
computervirus schreiben würden, mit dem man
auch gehirne infizieren kann. sonnenklar war das!

Verständigungsprobleme

Du schreibst mir Mails, so süße, kleine,
du schreibst sie schnell, doch nicht ins Reine.

Ihr Inhalt ist mir kaum zu fassen,
drum werd ich manch Detail verpassen.

Verwendest viele Sonderzeichen,
die magischen Symbolen gleichen.

Wie soll ich darauf reagieren,
das geistig für mich transformieren?

Mit Kürzeln aus der Jugendsprache
verschleierst du die ganze Sache.

Symbole mögen Geister scheiden,
und ehrlich: Ich mag sie nicht leiden.

Mir ist’s nach unverblümter Rede,
der Netzverkehr erscheint mir blöde,

beim Chatdeutsch geht die Sprache baden,
doch das ist der geringste Schaden.

Wie soll man sich denn je verstehen,
wenn Sätze halbtot untergehen?

So teile ich dir eines mit:
„Die Klassik, ey, war fett dem Hit!“

Abwärts

Endlich hab' ich's hinter mir!
Wow, geht das runter.
Und wie der Wind pfeift.
Und wie ich mich in den Gläsern spiegle.
Da lächle ich mir doch tatsächlich
nochmal zu.
Hallo, Verlierer!
Wie geht's dir?
Schlecht?
Egal!
Es geht DIR nicht mehr lange...
Alles ist erledigt.
Alles ist vorbei.
Ein sauberer Abgang.
Ein endgültiger Schnitt.
Sie werden dir nachtrauern.
Sie werden dich vermissen.
Sie werden bereuen.
Sollen sie doch
an ihrer Schuld verzweifeln.
Sollen sie dich doch
nie vergessen.
Wenn die erst lesen...
--
Mist!
Ich Trottel!
Mist, Mist, Mist!
Wie konnte ich nur?
Ich muss umkehren!
Die Schwerkraft.
Ich falle.
Der Boden kommt näher 
und näher
und näher...
Ich spiegle mich in den Gläsern.
Aber ich lächle nicht mehr.
Hallo Verlierer!
Wie geht's dir?
Hast du dir jetzt sogar noch
deinen Abgang versaut?
Dir geht's schlecht?
Na, dann viel Spaß
beim Aufprall!
Den Abschiedsbrief vergessen...
DEN ABSCHIEDSBRIEF VERGESSEN!!!
Du Trottel!
Du Versa


Eheglück

"Schau mal in die Spülmaschine,
Messer stecken falsch rum drinne.
Kannst du dir's nicht endlich merken?
Klingen zeigen oben hin!"

"Willst du richtig Büsche schneiden,
solltest du den Knoten meiden,
jenen Knoten sollst du meiden,
der da zeigt nach unten hin!"

"Gieß die Oleanderbüsche,
gieß sie voller Sommerfrische,
halt! Nicht jetzt, komm erst zu Tische!
Setz dich doch da vorne hin!"

"Schau in meine schönen Augen,
jene Augen soll'n dir taugen,
willst du fremde Blicke rauben,
richte dich der Richter hin!"

"Meine mühevollen Tage
wiegen schwer, nur mir zur Plage,
du dagegen gibst dich vage
ausgedienten Träumen hin!

"Sind wir nicht am Ende glücklich,
leben einig, leben friedlich?
Alles Andre gibt sich, fügt sich -
denn das ist der Ehe Sinn!"

...wie schön!


Dichter sucht Muse

Dichter, schlank, im besten Alter,
Schlitzohr, Träumer, freier Geist,
eitler Tor und Sinnverwalter,
meist bescheiden, selten dreist,

mannigfaltig in der Rede,
intellektuell gewandt,
Bauchansätzchen, niemals öde,
manche meinen: höchst galant,

braune Augen, dunkler Typus,
zweisam mit der Leidenschaft,
suchte schon als Junge Anschluss,
hat ihn glücklich stets verpasst,

infantil in manchen Dingen,
ehrlich und voll tiefem Sinn,
will nach deiner Liebe ringen,
nimmt die meisten Fehler hin.

Bist du eine schöne Muse,
so was um die vierzig Jahr,
drängt es mich zum Musenkusse,
denn die letzte ging – war klar,

reichlich Asche wäre dienlich,
denn sie macht das Leben leicht,
denk gut nach und gehe in dich,
ob sie für uns beide reicht,

fühlst du dich nun angesprochen,
schreibe mir, am besten jetzt,
lob’ dich nicht, wie ich’s verbrochen,
denn dann wäre ich entsetzt…

Neusprechpoetik

Regengeträufelte Zuckerkanonaden, 
ach Schokolade! 
Nein, nein, 
doch Quark -
schrille Starengesänge 
in nachtfinsterer Blindheit 
öden durch 
darmverschlungene 
Neigungen 
dahin - 
dahin 
in den Äther 
redundanter Sprechgesänge 
Ach! 
Wer möchte da 
situativ munkeln 
oder 
ostentativ schaukeln? 
Dreigegrünte Bälle 
vor schwarzgesäumter Düsternis. 
Grenzenlos manifestierend 
in taktgesichtiger Trockenheit? 
Nein, oder doch: 
Ja, ja! 

Schnabuladei!

Schnabuladei!

Schnabuladei!

(Die drei "Schnabuladei" am Ende bitte mit 
besonnener Nachdenklichkeit und 
ausreichend Pausen
vortragen!)